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Wie kommt es zu Gruppenlaufzeitverzögerungen ?

Diskussionen über Funktionsprinzipien und Grundlagen
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StefanB
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Wie kommt es zu Gruppenlaufzeitverzögerungen ?

Beitrag von StefanB »

Ein fettes passives Filternetzwerk, wie es sich an nubert-Boxen findet :

Filtert das immer gleich ? Zu jedem Zeitpunkt ?

Was zum Zeitpunkt t = 0 ?
Was 10 hoch minus 6, also 1 mücro-sec. nach anlegen eines Signals ?
Nach 1 milli-sec ?
Nach 30 sec Weissen Rauschen ?

Damit Kondensator und Spule ihre Sperrwirkung entfalten können, ist das Vergehen von Zeit unabdingbar. Eine volle Sperrwirkung ist nicht in nullkommanichts machbar, das dauert etwas.

Damit eine Spule sich wehren kann, braucht sie Energie in ihrem Magnetischen Feld.
Die muss erstmal hinein, ins Feld.
Beim Anlegen eines Wechselstromes kommt es aber zur Selbstinduktion oder Gegeninduktion in der Spule, es entsteht eine Gegenkraft zum von außen aufgeprägten Strom. Das führt zu Verzögerung beim Aufbau eines Magnetfeldes.
Vergleichbares gilt für den Kondensator, der baut ein elektrisches Feld auf.
Ja, er baut auf, es ist nicht unendlich schnell vorhanden nach Anlegen einer Spannung.

Die Wissenschaft hat festgestellt, dass nach 5 TAU, das ist die Zeitkonstante, die sich im Zusammenhang ergibt, so ein Kondensator z,B. voll geladen ist. Das ist der statische oder eingeschwungene Zustand, ab dem volle Sperrwirkung herrscht.

Jetzt ist es so, dass dieses TAU umso kürzer ausfällt, je höher die Frequenz.

Hohe Frequenzen werden von so einem Filter also sehr viel schneller gesperrt, weil Viel weniger Zeit nötig ist, bis Sperrwirkung eintritt, da die Zeitkonstanten sehr viel kürzer sind.

Für tiefe Frequenzen braucht ein Filternetzwerk sehr viel länger, weil die Periodendauer einer tiefen Schwingung länger ist und das TAU damit zusammenhängt.

Das führt dazu, dass das Frequenzgemisch, das am Eingang der Weiche noch zeitlich Kohärent ist, die Weiche inkohärent, also zeitlich auseinandergezerrt, je nach Frequenzhöhe, verlässt.

Vielleicht hilft diese Erklärung ja, dass weniger Grütze zum Thema Phase etc. geschrieben wird.

Stefan
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rockyou
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Re: Wie kommt es zu Gruppenlaufzeitverzögerungen ?

Beitrag von rockyou »

Dasselbe gilt ja auch für die Spulen der Treiber, und z.B. auch für die Spulen eines Tonabnehmers.
Ist ja schon lange bekannt.
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Re: Wie kommt es zu Gruppenlaufzeitverzögerungen ?

Beitrag von DukeNukem »

https://www.nubert.de/downloads/technik_satt.pdf

Seite 58 und 59. (Analogfilter und IIR-Filter mit hoher Flankensteilheit und perfekter Summierung der einzelnen Frequenzbänder im Frequenz- und im Zeitbereich)

Dazu kan man sich sicherlich noch die genormten Zeitkonstanten bei Spulen und Kondensatoren anschauen. (https://de.wikipedia.org/wiki/Zeitkonstante)

Ich denke das aufsummierte Signal ist später entscheidend, bestimmte Zeitverzögerungen sind dann vernachlässigbar oder nicht hörbar.

Die Zeitkonstante eines einzelnen Bauteils wird ja erst durch den realisierten Filter entscheidend.
Zudem sind die Verzögerungen ab ca. 1500 HZ nicht mehr hörbar, siehe entsprechende Zeitkonstante und Übergangsfrequenz im Wikipedia Artikel.

In Summe ist wohl die Anordnung und der Einsatz entsprechender Filter entscheidend, ausführlich in Technik Satt dokumentiert und bis zu einem gewissen Grad auch ein Firmengeheimnis, also die Kombination aus Weiche, Chassis, Gehäuse, Abstimmung usw. (Man wird ja nicht alles verraten. :D )
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Re: Wie kommt es zu Gruppenlaufzeitverzögerungen ?

Beitrag von robsen »

StefanB hat geschrieben:
Die Wissenschaft hat festgestellt, dass nach 5 TAU, das ist die Zeitkonstante, die sich im Zusammenhang ergibt, so ein Kondensator z,B. voll geladen ist.

Ja Danke. Aber hier glaub ich kann man ein wenig noch präzisieren.

Ein Kondensator ist nicht nach 5x Tau voll, also wirklich voll, geladen. Eigentlich ist er, sollte man den Wissenschaftlern, die den Ladevorgang üblicherweise mit einer e-Funktion modellieren, glauben, erst bei t = undendlich geladen. Und das dauert länger als 5x Tau, theoretisch.

Gruss!
StefanB
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Re: Wie kommt es zu Gruppenlaufzeitverzögerungen ?

Beitrag von StefanB »

Völlig richtig.

Ausgehend von meiner Absicht, die komplexen grundsätzlichen Verhältnisse verständnismässig herunterzubrechen auf Hauptschulniveau, weise ich darauf hin, daß das zeitliche Auseinanderdriften darauf beruht, dass die ersten 5% UND die letzten 5% des zeitlichen Verlaufs NICHT gravierend sind. Die Steigung der Graphen ist da kaum different. Was dazwischen passiert, ist für die Wissenschaft interessant.

Und das weisst du auch...

Stefan
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stan libuda
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Re: Wie kommt es zu Gruppenlaufzeitverzögerungen ?

Beitrag von stan libuda »

StefanB hat geschrieben:Völlig richtig.

Ausgehend von meiner Absicht, die komplexen grundsätzlichen Verhältnisse verständnismässig herunterzubrechen auf Hauptschulniveau, weise ich darauf hin, daß das zeitliche Auseinanderdriften darauf beruht, dass die ersten 5% UND die letzten 5% des zeitlichen Verlaufs NICHT gravierend sind. Die Steigung der Graphen ist da kaum different. Was dazwischen passiert, ist für die Wissenschaft interessant.

Und das weisst du auch...

Stefan
So ganz ohne Sticheln geht nicht oder?
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bugatti66
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Re: Wie kommt es zu Gruppenlaufzeitverzögerungen ?

Beitrag von bugatti66 »

Aus einem anderen Forum:
Auf Gruppenlaufzeiten gebe ich garnichts, weil ich die Erfahrzng gemacht
habe, daß man die klangverschlechternden Eigenschaften eines
Linkwitz-Riley-Filters praktisch garnicht hören kann (ich zumindest
nicht), die Klangnachteile der Chassis an ihren Bereichsgrenzen aber
sehr wohl. Deshalb stehe ich auf dem Standpunkt, lieber mit einem
ausreichend steilen Filter den Übernahmefrequenzbereich rasch zu
durchqueren, als Gruppenlaufzeiten und anderem Gedöns zu sehr Beachtung
zu schenken. Es geht immer um das Gesamtergebnis und da sind die Chassis
mit Abstand die schwächsten Glieder.

Meiner Erfahrung nach ist das Linkwitz-Riley-Filter 4.Ordnung ein
optimals Filter für Lautsprecherweichen. Durch die Kaskadierung zweier
Butterworth-Filter 2. Ordnung hat es nicht den ganz steilen Verlauf
eines reinrassigen Butterwortfilters 4. Ordnung, sondern ist im
Gegenteil "maximal" schlapp, gerade so, daß der Übernahmefrequenzbereich
noch zügig durchquert wird.

Besselfilter sind meiner Meinung nach in einer Weiche gänzlich
ungeeignet, weil dem Chassis, das eigentlich Sendepause haben soll, noch
viel zu viel Leistung gegeben wird. Der eigentliche
Übergangsfrequenzbereich ist dadurch völlig aufgebläht und erstreckt
sich über etliche Oktaven, weit mehr als bei einem
Linkwitz-Riley-Filter. Als Konsequenz hört man den ganzen Klangmüll des
überforderten Chassis an seiner Bereichsgrenze mit, das eigentlich Ruhe
geben soll.

Die richtige Wahl des Filters ist aber nur die halbe Miete. Im
Übernahmefrequenzbereich der Weiche müssen zusätzlich beide Chassis
gleichphasig schwingen. Hier geht es nicht um die Membranschwingung,
sondern um das akustische Resultat in einem bestimmten Abstand von der
Box. Oder anders ausgedrückt: Es darf im Übergangsfrequenzbereich keine
nennenswerte akustische Phasenverschiebung geben. Andernfalls dreht sich
die Interferenzkeule bei Durchfahren der Frequenz durch den Raum und die
Box wird plötzlich ortbar: Macht man die Augen zu, kann man sagen, wo
genau der Schall herkommt. Der Fehler der Schallübertragung ist dann so
groß geworden, das er für das Ohr/Gehirn wahrnembar wird. -> ganz
schlecht!

Die akustische Phase kann man nicht so ohne weiteres simulieren. Hier
muß eine Messung her, bei der mit einem Mini-Elektretmikrofon in rund
10cm Abstand von der Boxenwand die Phasen der beiden Chassis vermessen
werden. Wir haben damals Sinusbursts genommen, weil die Messung
abgeschlossen ist, bevor der reflektierte Schall von den Wänden das
Ergebnis verfälschen kann. Sinusburst sind Sinuns-Schwingungspakete, die
nur ein paar Perioden dauern, mindestens so lange, wie das Chassis
braucht, um mit der Phase auf Quasi-Sinusbetrieb einzuschwingen.

Anschließend dimensioniert man ein Allpaßfilter, oft eine
Serienschaltung aus Filtern 1. Ordnung, die den gemessenen akustischen
Phasenversatz möglichst perfekt kompensiert. Belohnt wird man für die
Mühe mit einem atemberaubenden Klang. Glaube mir, so etwas hast du
wahrscheinlich noch nie gehört. Nach Gruppenlaufzeiten und
Filtersteilheiten fragt dann kein Mensch mehr...
engineer
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Re: Wie kommt es zu Gruppenlaufzeitverzögerungen ?

Beitrag von engineer »

StefanB hat geschrieben: Damit eine Spule sich wehren kann, braucht sie Energie in ihrem Magnetischen Feld. Die muss erstmal hinein, ins Feld.
Nee, nicht wirklich, sie braucht nur der erregenden Strom und damit das Magnetfeld selber, genau genommen die Änderung das H-Felds infolge der Änderung des Stroms. Die Magnetisierung geht analog, setzt also augenblicklich ein. Es ist keine Energiebildung nötig. Die entsteht erst über das Integral über die Zeit, summiert quasi die Änderungen auf. Wichtig ist lediglich die Änderung des Stromes. Genau genommen sind die in den Spulen gespeicherten Energien sogar kontrapdouktiv für eine gute Filterung, vor allem wenn sie Folge von Gleichstrom sind.
StefanB hat geschrieben: Die Wissenschaft hat festgestellt, dass nach 5 TAU, das ist die Zeitkonstante, die sich im Zusammenhang ergibt, so ein Kondensator z,B. voll geladen ist. Das ist der statische oder eingeschwungene Zustand, ab dem volle Sperrwirkung herrscht.
Wenn Kondensatoren nenneswert geladen sind, ist ihre Wirkung auf den Wechselstrom mehr oder weniger Null, d.h. sie leiten in Serienschaltung nichts mehr und nehmen in Parallelschaltung nichts mehr auf. Den Betriebsfall will man bei Filterungen tunlichst vermeiden. Stattdessen werden Kapazitäten so ausgelegt, dass sie weit weg bleiben von den Zuständen "geladen" und "ungeladen" sondern sich auf eine mittlere Ladung hinziehen und das, was sie wechselspannungmässig leisten müssen, mit z.B. 40%...60% Ladung leisten können.
StefanB hat geschrieben: Jetzt ist es so, dass dieses TAU umso kürzer ausfällt, je höher die Frequenz.
Wieder "Nee". Das Tau, also die Ladezeitkonstante ist einzig von den Parametern der Bauteile, der Platine und dem Drumherum abhängig und für alle Frequenzen gleich. Die Wirkung ist nur eine andere, da sich Bässe von einer bestimmen Kapazität nicht beeindrucken lassen, weil sie so langsam Ladung schieben, dass sich die Spule mit Strom und der Kondensator mit Ladung = Spannung laden kann und dann nichts mehr "bremst" / "verschluckt".
StefanB hat geschrieben: Vielleicht hilft diese Erklärung ja, dass weniger Grütze zum Thema Phase etc. geschrieben wird.
Ich früchte, Nein.

Zum Verständnis eines Analogfilters, speziell eines Doppel-T, wie es üblicherweise für einfache Weichen eingesetzt wird, muss man die Wirkung der Bauteile in Konjunktion betrachten, da sich die einstellenden Spannungen gegenseitig beeinflussen. Vor allem muss man sich Ursache und Wirkung beim Übergang von Strom/Spannung auf Magnetik verdeutlichen und das Prinzip der "Änderung der Änderung" verstehen, die sich mathematisch als 2. Ableitung darstellt um zu verstehen, warum es zu Phasenverschiebungen und -drehungen kommt und wann.
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