DVD-Box von Kinowelt
Die Folterkammer des Dr. Fu Man Chu (Deutschland, Großbritannien, Spanien, Italien 1969, englischer Titel: The Castle of Fu Manchu)
Günther schwingt das Skalpell, Rosalba zieht die Wumme
...und wieder schlägt Fu Man Cu (Christopher Lee) zu! Nicht weniger als die übliche Forderung nach der Weltherrschaft im Gepäck, lässt er zwecks Demonstration seiner Macht ein dickes Schiff im Ozean versinken. Professor Heracles (Gustavo Re) hat eine Substanz entwickelt, die gigantische Mengen Wasser umgehend zu Eis erstarren lassen kann. Selbstverständlich hat der verschlagene Dr. Fu Man Chu den Wissenschaftler längst in seine Gewalt gebracht, doch der schwerkranke Gelehrte rückt die Formel nicht raus, steht kurz vor dem Herztod. Klar ist jedoch, dass grosse Mengen Opium zur Herstellung des Materials benötigt werden. In Anatolien verschafft sich der Supergangster Zugriff auf den Stoff, dazu nimmt er die Hilfe des lokalen Gauners Omar Pascha (José Manuel Martín), und dessen Tochter Lisa (Rosalba Neri) in Anspruch. Nachdem sich Fu Man Chu den Palast des Gouverneurs unter den Nagel gerissen hat, beendet er die Zusammenarbeit mit Omar auf seine Weise, Lisa verschwindet in finsteren Foltergewölben. Damit sich Professor Heracles nicht aus dem Leben verabschiedet, lässt Fu Man Chu den Herzspezialisten Dr. Curt Kessler (Günther Stoll) samt seiner Assistentin Dr. Ingrid Koch (Maria Perschy) entführen, Kessler soll eine Herztransplantation durchführen. Gewissermaßen vor der Nase von Nayland Smith (Richard Greene) und Dr. Petrie (Howard Marion Crawford), werden Kessler und Koch aus London verschleppt. Nayland Smith macht sich auf die Suche nach seinem Erzfeind, wird er Fu Man Chu endlich zur Strecken bringen? Immerhin kann er auf die Hilfe Omar Paschas setzen, der seine Lisa den Krallen des Chinesen entreissen will...
Jess Franco führte bereits beim vierten Auftritt des Oberschurken Fu Man Chu Regie, auch der fünfte und letzte Beitrag zu dieser schönen Filmreihe geht auf sein Konto ("Filmreihe" bezieht sich auf die fünf Fu Man Chu-Streifen aus den sechziger Jahren, vorherige und spätere Werke sind davon ausgenommen). Zur Gestaltung des Auftakts der fünften Sause, bediente man sich beim zweiten Film der Reihe, Szenen aus dem Finale von "Die 13 Sklavinnen des Dr. Fu Man Chu" müssen herhalten. Eine dreiste und clevere Maßnahme, das Konto des Geldgebers wird sich gefreut haben, tatsächlich funktionieren die "gestohlenen" Szenen in ihrem neuen Umfeld erstaunlich gut.
Christopher Lee gibt den ultrabösen, skrupellosen Megaschurken mit gewohnter Souveränität, wer sich seinem Willen widersetzt wird vernichtet. Bekanntlich führen selbst Gehorsam und Zusammenarbeit nicht zum Ziel, Geschäftspartner die ihre Aufgaben erfüllt haben, lässt der Doc ebenfalls gern von seinen Mitarbeitern entsorgen. Wenn freche Arbeiter sich nicht als Packesel einspannen lassen, lässt Fu Man Chu vor Zorn den grössten Staudamm des nahen Osten bersten, den ungehorsamen Pöbel sintflutartig hinfort spülen. Nebenbei führt er damit dem noch nicht in der Spur laufenden Dr. Kessler vor Augen, dass man sich vorzugsweise dem Willen Fu Man Chus unterwerfen sollte. Günther Stoll sehe ich sehr gern, in den letzten Monaten tauchte er immer wieder in den frühen Derrick-Episoden auf, leider verstarb er bereits 1977. Stoll hat in "Die Folterkammer des Dr. Fu Man Chu" einige herrliche Szenen. Stoll und Perschy werden von den Schergen des Bösewichts in Särgen abtransportiert, schälen sich nach dem Ende der Zwangsnarkose wie Untote aus den Holzkisten. Jess Franco taucht diese Momente in soft-gruselig bunte Farben, derartige "Spätsechziger-Psychedelic-Ausleuchtung" bietet der Streifen immer wieder an. Stoll darf nicht nur dem Sarg entsteigen, gemeinsam mit Frau Perschy verpflanzt er ein Pumporgan, Fu Man Chu hat freilich an einen geeigneten Operationssaal gedacht. Maria Perschy ist recht hübsch anzusehen, ihre Rolle gibt indes nicht allzu viel her. In erster Linie darf sie Günther Stoll schöne Augen machen, so verpasst man dem Treiben nebenbei eine kleine Liebesgeschichte. Weitaus interessanter mutet der Part von Rosalba Neri an, die mit dem Schiessprügel für eine Dosis Radau sorgt. Neri sorgt in anderen Filmen, bei einigen Fans des Eurokult-Kinos für feuchte Träume, spontan denke ich an "Das Schloss der blauen Vögel" (1971) von Fernando Di Leo. Diesmal gibt sie sich züchtig, gewährt dem geifernden Lüstling keine Einblicke. Leider taucht Rosalba im Mittelteil des Films ab, für meinen Geschmack hätte man ihre Rolle gern ein wenig grösser anlegen dürfen. Tsai Chin sehen wir wie immer als treue und fiese Tochter des Dr. Fu Man Chu, Howard Marion Crawford gehört als Weggefährte von Nayland Smith ebenfalls zum Inventar der Reihe. Richard Greene mag nicht ein so überzeugender Nayland Smith wie Nigel Green sein (Der in "Ich, Dr Fu Man Chu" diese Rolle innehatte), kann aber mit einer zufriedenstellenden Vorstellung aufwarten. Nayland Smith steht sowieso nicht mehr so stark im Mittelpunkt wie zu Beginn der Reihe, von daher gibt es nichts relevantes an der Leistung von Greene zu bemängeln.
Jess Franco taucht in seinen Filmen gern selbst vor der Kamera auf. In diesem Streifen sehen wir ihn als phlegmatischen Polizisten, der in der Türkei für Recht und Ordnung sorgen soll. Ich mag die Auftritte des knubbeligen Spaniers, solche Schlaffis wie der von ihm verkörperte Inspektor Ahmet passen prima zu Franco. Insgesamt wirkt "Die Folterkammer des Dr. Fu Man Chu" für einen Jess Franco Film eher zahm, auf Erotik und sonstige Auswüchse wurde (leider) verzichtet. Im Vergleich zu Francos "Der Todeskuss des Dr. Fu Man Chu", kommt der fünfte Streifen um den Superschurken ein wenig hüftsteifer daher. Ich vermisse den frischen Wind des Vorgängers, welcher der Reihe sehr gut zu Gesicht stand. Wirft man darüber hinaus einen Blick auf die Filmographie des Meisters, stellt man fest, dass Franco während der späten sechziger/frühen siebziger Jahre, ganz andere Kaliber auf die Beine gestellt hat. Selbst der Blick in die vermeintliche Folterkammer fällt fast verschämt aus, die Handbremse bleibt angezogen. Im Finale geht manchmal die Übersicht verloren, die Kamera hat Mühe dem Popanz zu folgen.
Auf der DVD findet man (wie üblich) die deutsche und die internationale Version des Films. Beide Fassungen funktionieren, einmal mehr gefällt mir die lange (internationale) Fassung etwas besser, sie wirkt stimmiger, runder. Auch bezüglich der Bildqualität hat die lange Variante klar die Nase vor, die deutsche Kinofassung hat mit deutlichen Qualitätsschwankungen zu kämpfen. Für die lange Fassung -die in englischer Sprache vorliegt- stehen zuschaltbare Untertitel in deutscher Sprache zur Verfügung. Der unverzichtbare Hinweis auf die "Dr. Fu Man Chu Collection" aus dem Hause Kinowelt, in der alle fünf "Fu Man Chu" Filme mit Christopher Lee enthalten sind:
• Ich, Dr. Fu Man Chu (1965)
• Die 13 Sklavinnen des Dr. Fu Man Chu (1966)
• Die Rache des Dr. Fu Man Chu (1967)
• Der Todeskuss des Dr. Fu Man Chu (1968)
• Die Folterkammer des Dr. Fu Man Chu (1969)
Das Set wird inzwischen für schlappe 15€ gehandelt, ein sehr fairer Kurs für diese fünf schönen Filme! Sicher, die Umsetzung der deutschen Fassungen mag nicht perfekt sein. Doch die internationalen Auswertungen sind in der Regel sowieso vorzuziehen, ich betrachte die deutschen Versionen als angenehmen Bonus. Auch wenn nur der erste Film von mir 8/10 (sehr gut) erhielt, möchte ich für das Gesamtpaket dennoch 8/10 ziehen! Fu Man Chu sorgt für gute Laune, und wenn ich die unzähligen "Wohlfühlpunkte" zumindest im Ansatz in die Bewertung einfliessen lasse, dann sind 8/10 keinesfalls zu großzügig bemessen!
Nun steht die Einzelwertung für "Die Folterkammer des Dr. Fu Man Chu" an. Beim direkten Vorgänger sah diese wie folgt aus:
"7/10 (gut) halte ich für angemessen, der "Wohlfühlfaktor" lässt den Flick in höhere Regionen schweben. Danke, lieber Jes(u)s." Weil die "Folterkammer" ein wenig abfällt, kann ich mir lediglich 6,5/10 abringen. Aber ihr wisst ja:
Knuffigkeit passt in kein Zahlenraster!
Lieblingszitat(e):
Aus der englischen Fassung:
"We are very happy to serve you."
Aus der deutschen Fassung:
"Wenn sich die Regierungen der Großmächte meinem Willen nicht beugen, werde ich die Menschheit vernichten!"