Hi,
interessanter Thread, wenn gleich über Strecken etwas abern ...
Ich möchte euch als Musikhörer, Musiker und Tontechnker in Personalunium noch was als Denkanstoß aus dem Musikeralltag mitgeben...
Die Sache mit der horizontal liegenden akustischen Scheibe, die von einem Stereosetup abgebildet wird ist an sich korrekt, aber auch völlig unkritisch, ja eigentlich normal und keine plötzliche Signaleinschränkung! Darum:
- Wenn du auf einem Konzert in einer Kneipe bist, ist die Summe der Einzelquellen an Gesang und Instrumenten auch nicht um dich rum positioniert, sondern meist vor dir und auf einer relativ gleichmäßigen Linie angordnet. Schließlich ist das Drumpodest nicht 8 Meter hoch, der Posaunist sitzt dir nicht auf der Schulter und die Sängerin kniet nicht hinter dir unterm Barregal.
- Gleiches gilt für Klassik, wenn du im Parkett sitzt um so mehr.
- Selbst beim Lagerfeuerschönling mit der Wandergitarre, an dessen Knie sich die Zeltlagerschönheit räkelt ist es so. Sitzt du ihm gegenüber, bist du neidisch und hörst seine Performance trotz des raumgreifenden Schmalzes beinahe als Punktquelle.
- Bei einem Livekonzert mit PA ists sowieso im Grunde wie daheim ...
- Und daheim beim Miniklavierkonzert deiner Nichte hörst zu den Anschlag der Hämmer genau auf einer Linie...
Die reproduzierte Scheibe ist also gar nicht weit weg vom Original!
In einem anderen Post wurde vom Ziel guter Aufnahmen geschrieben: Es soll möglichst die Quelle komplett und störungsfrei (also mit wenig Raum) aufgenommen werden. Ja, oft stimmt das. Das ist meiner Meinung nach aber zu kurz gedacht und auch nicht ganz korrekt.
Natürlich will man auf einer Aufnahme nicht auf jeder Spur einen Originalraumklang nutzen, dann würde ja alles in die gleiche Suppe stürzen. Aber ein guter Tonmann nutzt den vorhandenen Raum, um ggf. das Ursignal zu optimieren, eben WEIL der entstehende Raumklang häufig zum Klangerlebnis der Quelle dazugehört. Klassisches Bsp.: Klassischs Orchester - hier WILL man den Raum und gibt sich größte Mühe, diesen sauber einzufangen.
Ich habe die Links zu den Definitionen von Räumlichkeit und Ortbarkeit nicht angeklickt.
Meine Denke ist aber diese:
Räumlichkeit entsteht durch die sinnvolle Mischung der Einzelsignale im Mix. Diese wird im Idealfall von bereits mit Raumanteil aufgenommmen Signalen verstärkt! Bsp: Man nimmt in einem tollen Raum ein Monosignal in stereo auf und positioniert die Quelle schon so vor den Mikes, dass sie im Mix schon richtig steht. Oder man spielt schon beim Aufnehmen mit unterschiedlichen Entfernungen vom Mikro, auch das bringt Tiefe ins Geschehen. Es gibt noch viele andere Bsp. dafür, ich denke aber es wird klar was ich meine.
Ortbarkeit hat damit gar nichts zu tun. Diese ist das Ergebnis einer guten Mischung mit wenig Masking, also akustischer Verdeckung. Ortbarkeit kann durch gutes räumliches Mischen gesichert werden, dies ist aber nur ein Teil der Werkzeuge hierfür...
Kommen wir nun zur Abhörsituation im Wohnzimmer.
Natürlich stellt die CD-Mischung das dar, was der Tonman in dem Moment als Optimum ansah. So soll es eben pur klingen.
Es ist aber klar, dass beim Hörer daheim zu den Ursignalen aus dem LS noch der Raumeffekt seines Hörzimmers hinzukommt.
Und das ist gut so! Erst so entsteht wieder das, was wir in natura hören, nämlich räumlich und nicht pures Stereo, wie es mit dem Kopfhörer ohne Sondergerätschaft ist (Stichwort Headphone-Surround).
Habt ihr mal in einem schalltoten Raum Musik gehört? Es hört sich einfach schrecklich an! Die Rauminfo gehört einfach dazu.
Nun zu dem was ich unter Bühne verstehe:
Gute LS und eine gute Aufstellung schaffen es, dass die Musik etc. nicht hörbar von zwei Geräten ausstrahlen, sondern einfach im Raum ist, weil die Abstrahlung sinnvoll, die Frequenzwiedergabe natürlich und die Raumanregung passend sind.
So machts Spaß zu hören ...
just my 2 cents.
LG, Randy