CD der Woche: Galahad - Empires never last
Verfasst: Di 14. Aug 2007, 04:29
Als alter, waiser Mann, rennt man nicht mehr wild onanierend durch den Laden des örtlichen CD-Dealers, man surft auch nicht im Vollrausch durch das weltweite Netz, nur um sich schnellstmöglich mit den neuesten Alben seiner vermeintlichen Lieblinge einzudecken. Nein, man ist völlig entspannt, wählt seine Neuanschaffungen gezielt und wohl überlegt aus. Dadurch lassen sich unangenehme Griffe in das Abort (fast) immer vermeiden. Von seiner eigenen Coolness überwältigt, geniesst man dann die neuen Perlen, die sich freudig in die heimische Sammlung einreihen. Doch immer wieder es kommt vor, dass ein Album nicht einfach nur "gut", "sehr gut" oder "fast überwältigend" daher kommt. So geschehen bei der aktuellen Scheibe der Briten Galahad. Trotz der momentanen Ekstase, in die mich "Empires never last" versetzt, will ich versuchen die folgenden Zeilen mit Contenance in die Tastatur zu hacken...
Wer sind Galahad überhaupt? Schreibe ich nun, dass die Band zu Beginn ihrer Karriere Neoprog spielte, der stark von den frühen Marillion und Genesis beeinflusst war, werden sich einige der obercoolen "Neoprog-aus-Prinzip-Ablehner" mit Grausen abwenden. Sänger Stuart Nicholson, war gar in der engeren Wahl für den vakanten Job des Marillion Frontmannes, nachdem Fish die Band Ende der achtziger Jahre verlassen hatte. Halt! Heult nicht gleich in eure Kissen! Seit 1998 das ambitionierte Meisterwerk "Following Ghosts" erschien, entziehen sich Galahad aller Beschränkungen durch irgendwelche Schubladen. Auf den Hörer prasselte ein bunter, wilder Reigen herunter. Purer, wunderschöner Kitsch, harte Gitarren, tanzbare Elektronik, floydige Momente. Die Liste lässt sich nahezu unendlich fortsetzen. Doch kam dabei kein sinnfreies Durcheinander zustande. Im Gegenteil, alles passt wunderbar zusammen. Eine Band die sich von jeglichen Konventionen befreit hat. Trotz der gigantischen Bandbreite, wirkt das Album völlig stimmig und schlüssig. Der Nachfolger "Year Zero" hat ebenfalls diese "Wir-machen-was-wir-wollen-Attitüde", reicht aber nicht ganz an "Following Ghosts" heran.
2006 wurde "Empires never last" veröffentlicht. Zunächst nur bei der Band selbst erhältlich, fehlte noch das Cover Artwork. Da ich bekanntlich, wie bereits erwähnt, ein sehr besonnener Zeitgenosse bin (ROFL!), wartete ich mit dem Kauf der Scheibe. Schliesslich möchte das Blap eine "ordentliche" Ausgabe ins Regal einordnen. Hätte ich gewusst, welchen Hammer ich mir da über Monate verwehrt habe... ...nicht darüber nachdenken, es ist zu schmerzhaft.
"De-fi-ance" eröffnet das lang ersehnte Album. Zuckersüss schmeicheln uns Elfen ihren Singsang in die Gehörgänge. Wer genau zuhört, bemerkt im Hintergrund bereits drückende, düstere Keyboards. Gute zwei Minuten hält diese Stimmung an, plötzlich gröhlt Meister Nicholson energisch "DE-Fi-AAAAANCE" ins Mikro, unvermittelt bricht ein wildes Inferno los. Dann wird es rhythmisch, die Gitarre treibt den Song zupackend vorwärts. Fette Orgelsounds untermalen die bombastische Stimmung. Kurze Momente der Entspannung, dann wird wieder neuer Druck aufgebaut. Was für ein Opener! Doch Galahad lassen sich nicht lumpen. Ein kurzes, zartes Intro, und schon versetzt mich "Termination" wieder in einen Freudentaumel. Das Finale des Songs erinnert mich fast ein wenig an die Alt-Progger von Yes. Als würden die alten Herren -die ich sehr schätze-, plötzlich frisch und frech abrocken!
Karl Groom, hauptberuflich bei Threshold tätig, hat bei diesem Album übrigens als Co-Producer, Engineer und Gastmusiker mitgewirkt und erstklassige Arbeit geleistet! Dies nur als kleine Notiz am Rande. Hier gleich noch ein weiteres Lob, diesmal an die Adresse des Galahad Gitarristen Roy Keyworth. Diese feisten, warmem Klänge treffen perfekt meinen Geschmack! Vielen Dank dafür!
Weiter geht es im Reigen schierer Lust. "I could be God". Vierzehn Minuten O(h)rgasmus in Reinkultur. Flirrende Keyboards, rockende Gitarren. Spärische Teile, die mich durch den Raum schweben lassen. Dann greift man wieder energisch in die Saiten, und über allem thront die markante Stimme des Herrn Nicholson. Bissig, augenzwinkernd, immer souverän, verkommen seine Vocals nie zum peinlichen Popanz. Selbst als Galahad in ihrer Frühphase noch deutlich von der heutigen, vollkommenen Eigenständigkeit entfernt waren, war der gute Stu bereits ein Fels in der Brandung. Zurück zum Album. Gibt es nach dem Mega-Werk "I could be God", nicht doch einen, zumindest kleinen, Einbruch? Nein! Definitv: Nein! "Sidewinder" kann im Vergleich zum vorherigen Song, nur bei einer Sache nicht mithalten: Der Spielzeit. Denn das wundervolle, multiple Vergnügen, dauert diesmal "nur" rund elf Minuten an. Es wird manchem Leser meiner Rezis aufgefallen sein, dass ich eine besondere Vorliebe für längere Songs hege. Doch ein Longtrack ist nicht automatisch gut, manchmal wirken lange Songs wie viele, kleine Versatzstücke, die man lieblos aneinander geklatscht hat. Wie man es "richtig" macht, führen Galahad dem Hörer gleich mehrfach sehr eindrucksvoll vor. Man beachte besonders den Refrain von "Sidewinder", der sich als echter Ohrwurm entpuppt. Nicht zu vergessen das phantastische Gitarrensolo im Finale, welches mich fast ein wenig an den speziellen Sound von Queen Legende Brian May erinnert. Tatsächlich greift hier aber Thresholds Karl Groom in die Saiten, den ich ohnehin für manch fürstliches Solo verehre, welches er uns bei Threshold serviert.
"Memories from an Africa Twin" wird erneut tatkräftig von Mr. Groom veredelt, nur bedient er diesmal die akustische Gitarre. Roy Keyworth lässt sich nicht lumpem, er soliert in diesem Song ebenso wundervoll, wie Herr Groom zuvor bei "Sidewinder". Obendrauf gibt es wieder phantastische Keyboards verschiendenster Klangfarben, einen wortlosen Chor, der eine hippieske Stimmung der späten Sechziger beschwört. Nun steht der Titelsong auf der Menu-Tafel. Basser Lee Abraham setzt hier tolle Akzente. Der Song wechselt zwischen hypnotischer Atmosphäre, rockigen Ausbrüchen und orgiastischem Bombast. Geil, geiler, Galahad! Doch noch ist der Rausch nicht vorbei. Galahad entlassen uns mit "This Life could be my last...". Dieser Song fasst in seinen über zehn Minuten, nochmal alle Stärken des Albums sehr beeindruckend zusammen.
Fazit: Galahad haben mit "Empires never last", ein absolut phantastisches Album vorgelegt. 2007 brachte schon einige gute und sehr gute Alben zum Vorschein. Doch hier kommt der Gipfel der Freude, Lust, Begeisterung! Eine Band die sich in keinster Weise anbiedert. Musiker die einfach das tun, worauf sie Lust haben. Ihre Stärken ungezügelt auf den zutiefst beeindruckten Hörer wirken lassen! Wo manch andere Band unglaubwürdig erscheint, weil man plötzlich härtere Klänge zu seiner Musik addiert, wo stumpfsinnig kopiert wird, weil es an eigenen Ideen mangelt, da sind Galahad ein gigantisches Leuchtfeuer am Horizont!
Weitere Empfehlungen:
Following Ghosts (1998) - Ein irrer, unglaublich kreativer Overkill. Ich liebe diese Scheibe, Einsteiger könnten vielleicht ein wenig befremdet sein!
Year Zero (2002) - Hier ersetzt die Atmosphäre teils das Songwriting. Steht für mich im Schatten von "Following Ghosts" und "Empires never last", ist aber trotzdem eine interessante Scheibe.
Wer sind Galahad überhaupt? Schreibe ich nun, dass die Band zu Beginn ihrer Karriere Neoprog spielte, der stark von den frühen Marillion und Genesis beeinflusst war, werden sich einige der obercoolen "Neoprog-aus-Prinzip-Ablehner" mit Grausen abwenden. Sänger Stuart Nicholson, war gar in der engeren Wahl für den vakanten Job des Marillion Frontmannes, nachdem Fish die Band Ende der achtziger Jahre verlassen hatte. Halt! Heult nicht gleich in eure Kissen! Seit 1998 das ambitionierte Meisterwerk "Following Ghosts" erschien, entziehen sich Galahad aller Beschränkungen durch irgendwelche Schubladen. Auf den Hörer prasselte ein bunter, wilder Reigen herunter. Purer, wunderschöner Kitsch, harte Gitarren, tanzbare Elektronik, floydige Momente. Die Liste lässt sich nahezu unendlich fortsetzen. Doch kam dabei kein sinnfreies Durcheinander zustande. Im Gegenteil, alles passt wunderbar zusammen. Eine Band die sich von jeglichen Konventionen befreit hat. Trotz der gigantischen Bandbreite, wirkt das Album völlig stimmig und schlüssig. Der Nachfolger "Year Zero" hat ebenfalls diese "Wir-machen-was-wir-wollen-Attitüde", reicht aber nicht ganz an "Following Ghosts" heran.
2006 wurde "Empires never last" veröffentlicht. Zunächst nur bei der Band selbst erhältlich, fehlte noch das Cover Artwork. Da ich bekanntlich, wie bereits erwähnt, ein sehr besonnener Zeitgenosse bin (ROFL!), wartete ich mit dem Kauf der Scheibe. Schliesslich möchte das Blap eine "ordentliche" Ausgabe ins Regal einordnen. Hätte ich gewusst, welchen Hammer ich mir da über Monate verwehrt habe... ...nicht darüber nachdenken, es ist zu schmerzhaft.

"De-fi-ance" eröffnet das lang ersehnte Album. Zuckersüss schmeicheln uns Elfen ihren Singsang in die Gehörgänge. Wer genau zuhört, bemerkt im Hintergrund bereits drückende, düstere Keyboards. Gute zwei Minuten hält diese Stimmung an, plötzlich gröhlt Meister Nicholson energisch "DE-Fi-AAAAANCE" ins Mikro, unvermittelt bricht ein wildes Inferno los. Dann wird es rhythmisch, die Gitarre treibt den Song zupackend vorwärts. Fette Orgelsounds untermalen die bombastische Stimmung. Kurze Momente der Entspannung, dann wird wieder neuer Druck aufgebaut. Was für ein Opener! Doch Galahad lassen sich nicht lumpen. Ein kurzes, zartes Intro, und schon versetzt mich "Termination" wieder in einen Freudentaumel. Das Finale des Songs erinnert mich fast ein wenig an die Alt-Progger von Yes. Als würden die alten Herren -die ich sehr schätze-, plötzlich frisch und frech abrocken!
Karl Groom, hauptberuflich bei Threshold tätig, hat bei diesem Album übrigens als Co-Producer, Engineer und Gastmusiker mitgewirkt und erstklassige Arbeit geleistet! Dies nur als kleine Notiz am Rande. Hier gleich noch ein weiteres Lob, diesmal an die Adresse des Galahad Gitarristen Roy Keyworth. Diese feisten, warmem Klänge treffen perfekt meinen Geschmack! Vielen Dank dafür!
Weiter geht es im Reigen schierer Lust. "I could be God". Vierzehn Minuten O(h)rgasmus in Reinkultur. Flirrende Keyboards, rockende Gitarren. Spärische Teile, die mich durch den Raum schweben lassen. Dann greift man wieder energisch in die Saiten, und über allem thront die markante Stimme des Herrn Nicholson. Bissig, augenzwinkernd, immer souverän, verkommen seine Vocals nie zum peinlichen Popanz. Selbst als Galahad in ihrer Frühphase noch deutlich von der heutigen, vollkommenen Eigenständigkeit entfernt waren, war der gute Stu bereits ein Fels in der Brandung. Zurück zum Album. Gibt es nach dem Mega-Werk "I could be God", nicht doch einen, zumindest kleinen, Einbruch? Nein! Definitv: Nein! "Sidewinder" kann im Vergleich zum vorherigen Song, nur bei einer Sache nicht mithalten: Der Spielzeit. Denn das wundervolle, multiple Vergnügen, dauert diesmal "nur" rund elf Minuten an. Es wird manchem Leser meiner Rezis aufgefallen sein, dass ich eine besondere Vorliebe für längere Songs hege. Doch ein Longtrack ist nicht automatisch gut, manchmal wirken lange Songs wie viele, kleine Versatzstücke, die man lieblos aneinander geklatscht hat. Wie man es "richtig" macht, führen Galahad dem Hörer gleich mehrfach sehr eindrucksvoll vor. Man beachte besonders den Refrain von "Sidewinder", der sich als echter Ohrwurm entpuppt. Nicht zu vergessen das phantastische Gitarrensolo im Finale, welches mich fast ein wenig an den speziellen Sound von Queen Legende Brian May erinnert. Tatsächlich greift hier aber Thresholds Karl Groom in die Saiten, den ich ohnehin für manch fürstliches Solo verehre, welches er uns bei Threshold serviert.
"Memories from an Africa Twin" wird erneut tatkräftig von Mr. Groom veredelt, nur bedient er diesmal die akustische Gitarre. Roy Keyworth lässt sich nicht lumpem, er soliert in diesem Song ebenso wundervoll, wie Herr Groom zuvor bei "Sidewinder". Obendrauf gibt es wieder phantastische Keyboards verschiendenster Klangfarben, einen wortlosen Chor, der eine hippieske Stimmung der späten Sechziger beschwört. Nun steht der Titelsong auf der Menu-Tafel. Basser Lee Abraham setzt hier tolle Akzente. Der Song wechselt zwischen hypnotischer Atmosphäre, rockigen Ausbrüchen und orgiastischem Bombast. Geil, geiler, Galahad! Doch noch ist der Rausch nicht vorbei. Galahad entlassen uns mit "This Life could be my last...". Dieser Song fasst in seinen über zehn Minuten, nochmal alle Stärken des Albums sehr beeindruckend zusammen.
Fazit: Galahad haben mit "Empires never last", ein absolut phantastisches Album vorgelegt. 2007 brachte schon einige gute und sehr gute Alben zum Vorschein. Doch hier kommt der Gipfel der Freude, Lust, Begeisterung! Eine Band die sich in keinster Weise anbiedert. Musiker die einfach das tun, worauf sie Lust haben. Ihre Stärken ungezügelt auf den zutiefst beeindruckten Hörer wirken lassen! Wo manch andere Band unglaubwürdig erscheint, weil man plötzlich härtere Klänge zu seiner Musik addiert, wo stumpfsinnig kopiert wird, weil es an eigenen Ideen mangelt, da sind Galahad ein gigantisches Leuchtfeuer am Horizont!
Weitere Empfehlungen:
Following Ghosts (1998) - Ein irrer, unglaublich kreativer Overkill. Ich liebe diese Scheibe, Einsteiger könnten vielleicht ein wenig befremdet sein!
Year Zero (2002) - Hier ersetzt die Atmosphäre teils das Songwriting. Steht für mich im Schatten von "Following Ghosts" und "Empires never last", ist aber trotzdem eine interessante Scheibe.