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Neodym-Magnete

Verfasst: Sa 27. Dez 2008, 14:19
von G. Nubert
Hallo,

über die Feiertage bekam ich eine Anfrage, was ich vom Magnetwerkstoff "Neodym" für den Einsatz in Lautsprechern halte.

(Es gibt im Forum zwar einen alten thread über dieses Thema, aber ich hatte dazu keinen Beitrag geschrieben, obwohl ich seit 2003 ein Text-Blatt über Neodym habe, das ich schon öfters für Vorträge an Uni/FH herangezogen hatte.)

Hier dieses "Philosophie-Blatt":

(Zwei der 3 Download-Adressen des ursprünglichen Textes von 2003 aktualisiert.)

http://www.nubert.net/g-nubert/neodym-alnico.pdf


Gruß,

Günther Nubert

Verfasst: Mo 29. Dez 2008, 08:58
von m4xz
Hallo Hr. Nubert!

Das klingt sehr interessant, immerhin wird von vielen Firmen (will keine Namen nennen) des Öfteren etwas anderes vermarktet.
Aus der dieser Sicht hatte ich es bislang auch nicht gesehen, die Nachteile von Neodym-Magneten klingen nachvollziehbar und logisch.
Toller Artikel, der vielleicht dem einen oder anderen die "Wirklichkeit" etwas näher bringt...;)

Verfasst: Mi 14. Jan 2009, 17:02
von Thias
Auf einen weiteren Nachteil möchte ich auch noch hinweisen.

Ich habe mir einen Plattenspieler selbst gebaut und das Axiallager mit abstoßenden Neodym-Magneten. Das funktioniert bis jetzt auch sehr gut als reibungsfreies Axiallager.
Bei Recherchen bin ich darauf gestoßen, dass bei dieser Anordnung die Magnetisierung innerhalb weniger Jahre stark nachlassen kann. Nun, mein Plattendreher ist noch nicht gelandet, aber die Langzeitstabilität ist gefährdet...

Bei Lautsprechern könnte das ein Problem werden, wenn sie mit einem Kompensationsmagneten ("magnetische Abschirmung") versehen sind, denn dann sind sie auch so gepolt, dass sie sich entmagnetisieren können ...

Verfasst: Fr 16. Jan 2009, 16:45
von Frank Klemm
Thias hat geschrieben:Auf einen weiteren Nachteil möchte ich auch noch hinweisen.

Ich habe mir einen Plattenspieler selbst gebaut und das Axiallager mit abstoßenden Neodym-Magneten. Das funktioniert bis jetzt auch sehr gut als reibungsfreies Axiallager.
Bei Recherchen bin ich darauf gestoßen, dass bei dieser Anordnung die Magnetisierung innerhalb weniger Jahre stark nachlassen kann. Nun, mein Plattendreher ist noch nicht gelandet, aber die Langzeitstabilität ist gefährdet ...
Heutige NdFeB-Magneten sind sehr langzeitstabil, selbst bei hohen Umgebungstemperaturen.
Benötigt man sehr langzeitstabile Magneten, sollte man auf SmCo ausweichen.
Bei Lautsprechern könnte das ein Problem werden, wenn sie mit einem Kompensationsmagneten ("magnetische Abschirmung") versehen sind, denn dann sind sie auch so gepolt, dass sie sich entmagnetisieren können ...
Magnetfeldkompensation stellt kein Problem dar. Die Entmagnetisierungswirkung ist nicht höher als die durch massive Magneten selbst verursachte (weil auch dort Nord- und Südpole nebeneinanderliegen).
Ältere NdFeB hatten Probleme mit höheren Betriebstemperaturen. Bei Plattenspielern würde ich mir dann eher Gedanken machen, wie ich die klebrige Masse vom Plattenteller wieder runterbekomme (ehemals Schallplatte).

Hauptprobleme hat man derzeit noch mit Hochleistungsmotoren mit Spulentemperaturen von >250 °C. Bei Lautsprechern ist das unkritischer. Dort ist der Unterschied zwischen Temperatur der Schwingspule und Magnetkern größer.

Re: Neodym-Magnete

Verfasst: Mo 16. Feb 2009, 22:29
von raw
Die vom Chassiskorb aufs Gehäuse übertragene Schwingungen lassen sich aber nicht nur durch eine größere Masse verringern, sondern auch durch mechanisches Entkoppeln des Chassis vom Gehäuse.


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***von admin eingefügt*** 30.9.09 - Genau das ist im neodym-Artikel von Herrn Nubert ja beschrieben worden!

Mit besonderen Chassis-Anordnungen im Boxengehäuse, bei
denen die bewegten Massen „im Gleichgewicht“ sind, kann man
diese Nachteile weitgehend auffangen. Leider werden diese
Konstruktionsmerkmale gerade bei transportablen Anlagen, wo
die Gewichtsreduktion sinnvoll wäre, eher selten verwirklicht.
Für den reinen „Tiefton-Einsatz“ konnten wir damals einen
großen Teil der Beschleunigungskräfte der Korbränder auf die
Gehäuse dadurch kompensieren, dass wir die Körbe zweier
Tieftöner (vorn/hinten oder links/rechts) mittels kräftiger
„Schubstangen“ (z. B. 6 oder 8 MDF-Leisten mit Querschnitt
25 x 70 mm) verflanscht haben.
Beide Anwendungen waren aber für die damaligen „Stage-
Einsätze“ nicht optimal, weil es ökonomischer war, den
Frequenzgang dieser Tieftöner bis in den Bereich von über 500 Hz
(also bis in „gewisse Richtwirkung“) gehen zu lassen, statt noch
zusätzliche Tief/Mitteltöner einzubauen, die nur noch vorne
strahlen.

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Dieses Dokument handelt davon (sehr lesenswert):
http://www.linkwitzlab.com/Driver%20Decoupling.doc
Conclusion

Experimental results of de-coupling experiments confirm that

Diaphragm motion is minimally affected by de-coupling the drive unit from the cabinet
Magnet motion, the “ground reference” for the cone motion, is better behaved when the drive unit is de-coupled
Cabinet vibration is substantially reduced with a de-coupled drive unit
Ganz interessant finde ich Folgendes, wo man den Größenvorteil von Neodymmagneten geschickt ausnutzt:
Von Scan Speak gibt es anscheinend Chassis, die einen innenliegenden Neodymmagneten haben, quasi als Polkern. Dadurch gibt es keinen magnetisierbaren Eisen-Polkern mehr, was die Abhängigkeiten der Schwingspuleninduktivität von der Auslenkung und v. a. vom Strom verringert. Kurzschlussringe müssten dann wohl auch überflüssig sein.

Vor allem mag ich Neodymmagnete wegen ihrer Größe bei Hochtönern. So kann man die Chassis näher zusammenbringen, was die destuktiven Interferenzen im Trennfrequenzbereich weiter nach außen schiebt. So sind auch koaxiale Anordnungen möglich, wo der Hochtöner nicht in der Tiefmitteltönermembran drinnen liegt, sondern darüber, was je nach Konstruktion weniger Welligkeiten im Frequenzgang und weniger Amplitudenmodulation bringt.


EDIT: Im Verhältnis zu HiFi gibt es bei PA viel mehr Tieftöner mit Neodymmagnete. Obwohl viel größere Pegel gefahren werden. Es wird eine gute Luftkonvektion ermöglicht (BR-Kanal zeigt auf Magnet, umgekehrt eigebaute Chassis, etc.) und die meisten Neodymchassis haben große Kühlkörper. Es gibt zwar noch viele Hochtöner mit Ferritmagnete, aber es gibt auch hier immer mehr Neodymmagnete.

OT: Meine letzte von mir gebaute Box hat mehrere 22cm HiFi-Tiefmitteltöner und einen PA-Hochtöner. Schon cool: Die Ferritmagnete sind etwa gleich groß und der Hochtöner-Schwingspulendurchmesser sogar etwas größer. HiFi ist einfach zu sparsam mit der Dynamikfähigkeit. :wink:

Re: Neodym-Magnete

Verfasst: Sa 6. Aug 2011, 08:30
von laurooon
Mich würde mal interessieren, ob Herr Nuberts Meinung zu Neodym noch die gleiche ist. Wir verarbeiten in der Autoindustrie auch Neodym (seltene Erden). Diese Magnete sind "das feinste vom feinem". Gleiche Leistung bei geringerer Baugröße und Gewicht, oder aber höhere Leistung bei gleicher Größe. Sowas ist schon "ein Wort" für die Ingenieure. Die Preise von Neodym explodieren und ein Fallen ist ehrlich gesagt betriebswirtschaftlich nicht abzusehen.

Abgesehen davon wird Neodym von vielen Boxenherstellern verwendet, nicht nur bei Teufel. Ob die billigeren Chassis die erheblichen Mehrkosten von Neodym noch auffangen können, kann ich mir nicht vorstellen.

MfG
laurooon

Re: Neodym-Magnete

Verfasst: Sa 6. Aug 2011, 09:14
von robsen
Neodym Magnete nicht fernöstlicher Herkunft:

IBS oder Vacuumschmelze, besser geht derzeit nicht. Das Argument unzuverlässiger Herkunft sollte kein Argument mehr sein.

Gruss, Robert

Re: Neodym-Magnete

Verfasst: Sa 6. Aug 2011, 11:36
von joe.i.m
Also wenn ich die Enwicklung so richtig verfolgt habe, glaub ich kaum, das sich da was ändert. Zumindest läßt die Preisentwicklung der letzten Monate da nichts gutes erwarten.
Hier mal ein zwei Links mit Grafiken und Infos:

http://www.magnethandel.de/preisentwicklung-neodym

http://www.magnet-shop.net/Aktuelle-Pre ... _:340.html

Mag bei in China produzierten Sachen vieleicht nicht ganz so extrem durchschlagen, aber ohne Auswirkung wird es da auch nicht bleiben.
Denke mal, das sich da der Preis für die breite Anwendung in die falsche Richtung bewegt. Im Lautsprechergebiet ist es auch nicht unbedingt in allem Ebenen zwingend notwendig.
Bei vielen zählt dann doch eher Größe und Masse, versuche mal jemand, der sich nicht mit der Materie beschäftigt, einen Tieftöner mit einem mal übertrieben gesagt Minimagnet schmackhaft zu machen, wird glaube ich eher nichts. :mrgreen:

Gruß joe

Re: Neodym-Magnete

Verfasst: Sa 6. Aug 2011, 12:41
von raw
Vor kurzem kam doch, dass man im Pazifik vor Japan in sehr großer Tiefe Seltene Erden gefunden hat und dass man die nun hochholen will.

Für HiFi ist das recht uninteressant, da man wieder auf Ferrit umsteigen kann, sofern man überhaupt auf Neodym umgestiegen ist. Manche Chassiskonstruktionen sind ohne Neodym nicht möglich, aber was solls, weltbewegend ist das nicht. Bei E-Maschinen aber schon...............

Nubert schwört offenbar weiter auf Ferrit - sieht/spürt man auch am Gewicht der großen Boxen. :wink:

Re: Neodym-Magnete

Verfasst: Sa 6. Aug 2011, 13:31
von joe.i.m
raw hat geschrieben:Vor kurzem kam doch, dass man im Pazifik vor Japan in sehr großer Tiefe Seltene Erden gefunden hat und dass man die nun hochholen will.

Für HiFi ist das recht uninteressant, da man wieder auf Ferrit umsteigen kann, sofern man überhaupt auf Neodym umgestiegen ist. Manche Chassiskonstruktionen sind ohne Neodym nicht möglich, aber was solls, weltbewegend ist das nicht. Bei E-Maschinen aber schon...............

Nubert schwört offenbar weiter auf Ferrit - sieht/spürt man auch am Gewicht der großen Boxen. :wink:
Würde mal sagen, lohnt sich langsam drüber nach zu denken, bei der Preisentwicklung. Aber eh das soweit ist, dauert wohl noch und ob dann nachhaltig die Kosten fallen??

Ansonsten hast Recht.

Gruß joe