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Doppelt so laut ???

Diskussionen über Funktionsprinzipien und Grundlagen
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Rolander
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Doppelt so laut ???

Beitrag von Rolander »

Obwohl ich mich mit dem Thema Schall und Gehör einigermaßen auskenne und natürlich weiß, dass Schalldruck (dB SPL), Lautstärke (Phon) und Lautheit (Sone) unterschiedliche Dinge sind, verstehe ich eines bis heute nicht.

Dazu ein paar einleitende Worte: Die Einheit Sone gibt die mit dem Gehör bewertete (also empfundene, nicht gemessene) Lautstärke als so genannte Lautheit an, das bedeutet, etwas vereinfacht ausgedrückt:
Ein 1 kHz-Ton mit dem Schalldruckpegel 40 dB erzeugt eine Lautheit von 1 Sone. Wird ein Schallereignis doppelt so laut empfunden, dann hat es eine Lautheit von 2 Sone, bei dreifacher subjektiv empfundener Lautstärke hat es 3 Sone usw.
Außerdem arbeitet das Gehör - selbst bei ein- und derselben Frequenz - nicht linear, es hat sozusagen eine nicht lineare Verstärkerkennlinie. Das bedeutet, dass man normalerweise (außer im Bereich ganz kleiner Schalldrücke) zur Verdopplung der Lautheit eine Anhebung des Schalldruckpegels um rund 10 dB benötigt (das entspricht etwa der 10fachen Schallleistung).
Bis dahin sind die Fakten vielleicht nicht eben einfach verständlich, aber doch klar.

Jetzt aber mein Verständnisproblem:
Wie definiert man denn doppelt so laut?

Wenn ich zwei unterschiedliche Schallereignisse höre, kann ich zweifellos feststellen, ob das eine lauter als das andere ist, vielleicht kann ich auch noch unpräzise hinzufügen: etwas, deutlich oder viel lauter, aber wie kann ich denn bitteschön hören, dass es doppelt so laut ist? Ich habe doch dafür keinen Vergleichsmaßstab.
Wenn ich zwei Gegenstände in der Größe vergleiche, kann ich durchaus erkennen, dass der eine doppelt so groß ist, durch direkten Vergleich nach Augenmaß oder durch Messung mit einem Zollstock. Aber etwas Ähnliches geht ja akustisch nicht. Den visuellen Eindruck kann ich hier nicht zur Unterstützung heranziehen, denn zwei Geigen klingen nicht doppelt so laut wie eine, sondern nur ein bisschen lauter. Andernfalls müsste mir bei einem Sinfonie-Orchester-Tutti ja der Kopf platzen.
Und es geht ja noch weiter: 1,5 Sone wären dann 50% lauter, 1,1 Sone 10% lauter als 1 Sone. Wie bitte schön soll das Gehör als nicht lineares und nicht quantitativ arbeitendes Sinnesorgan dies feststellen können?
Subjektiv empfundene Lautstärkeunterschiede quasiobjektiv in Prozent anzugeben, scheint mir genau so waghalsig wie etwa die Aussage: Dieser Apfel ist 30% röter als der andere.

Dennoch: Jeder schreibt da offenbar vom anderen ab: die Aussage, dass es bei einer Anhebung von 10 dB doppelt so laut wird, kann man in praktisch jedem Akustik-Fachbuch und in Tausenden von Internetseiten (von Wikipedia bis hin zu ausgewiesenen Fachseiten) nachlesen, aber bisher habe ich noch nirgends eine Definition gefunden, was genau doppelt so laut bedeuten soll.

Zugegeben: ein Sommerlochthema, aber vielleicht doch nicht uninteressant, oder?
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Kandos
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Re: Doppelt so laut ???

Beitrag von Kandos »

Rolander hat geschrieben: Wenn ich zwei unterschiedliche Schallereignisse höre, kann ich zweifellos feststellen, ob das eine lauter als das andere ist, vielleicht kann ich auch noch unpräzise hinzufügen: etwas, deutlich oder viel lauter, aber wie kann ich denn bitteschön hören, dass es doppelt so laut ist?
Wenn du aber 1000 Leuten sagst sie sollen in jeweils 100 Durchgängen bei unterschiedlichen Geräuschen/Musik jeweils die "doppelte Lautstärke" einstellen und den Durchschnitt bildest, wirst du relativ nah bei +10db landen. Hatte das sogar selbst mal mit 3 Leuten und jeweils 5 Durchgängen getestet. Selbst da lag der Schnitt schon bei 9,4db Erhöhung am AVR.
+10db sind einfach das, was "im allgemeinen" als doppelt so laut empfunden wird.
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Candida
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Re: Doppelt so laut ???

Beitrag von Candida »

Rolander hat geschrieben: Dennoch: Jeder schreibt da offenbar vom anderen ab
wenn ich abschreiben würde, dann von hier :lol:

http://www.sengpielaudio.com/Rechner-pegelaenderung.htm
[size=75][color=grey]man darf nicht mischen[/color][/size]
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Re: Doppelt so laut ???

Beitrag von NuVadeo »

Rolander hat geschrieben: aber bisher habe ich noch nirgends eine Definition gefunden, was genau doppelt so laut bedeuten soll.
Das wird IMHO mangels Definition tatsächlich empirisch festgelegt, nach der von Kandos beschriebenen Methode...
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Krypton
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Beitrag von Krypton »

Grundsätzlich hat Rolander aber völlig recht: das "Mass" für "doppelte" Lautstärke ist willkürlich festgelegt und braucht für einen Einzelnen keine Relevanz zu haben.

Es wurde ja auch geschildert: "Doppelt so laut" ist das, wozu die meisten Leute (oder ein Durchschnitt) "doppelt so laut" sagen würden. Zählbar braucht es für den einzelnen nicht zu sein. Das 'Messen' solcher Dinge ist eh nicht möglich.

Umkehrschluss: Erlaubt ist, was gefällt.

Ich erachte das "Messen" von einem Gefühl als etwa so sinnvoll wie den Streit, welches von zwei Autos nun eindeutig blauer ist, wenn beide blau sind.
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Kandos
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Re: Doppelt so laut ???

Beitrag von Kandos »

Candida hat geschrieben: wenn ich abschreiben würde, dann von hier :lol:
http://www.sengpielaudio.com/Rechner-pegelaenderung.htm
Oh Gott, ist da ein Eimer mit HTML-Tags explodiert?
Das Layout ist so grausig, da kann man sich gar nicht auf den Inhalt konzentrieren. ;)
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Candida
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Beitrag von Candida »

na...gut, für dich die entscheidende Stelle zitiert :

Eine empfundene Verdopplung der Lautstärke entspricht
etwa einer Pegeländerung zwischen 6 dB und 10 dB.

:wink:
[size=75][color=grey]man darf nicht mischen[/color][/size]
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Beitrag von tf11972 »

Wie Rolander schon bemerkt hat, dass unser Gehör nicht linear arbeitet, kommt ja noch erschwerend hinzu, dass unsere Ohren je nach Frequenz unterschiedlich empfinden.

Das heißt, zwischen 2 und 4 kHz reagiert unser Gehör am empfindlichsten, weil in diesem Bereich die Sprache angesiedelt ist. Das müsste ja im Umkehrschluss bedeuten, dass Töne in diesem Bereich bereits bei geringer Lautstärkeänderung als doppelt so laut empfunden werden wie in tieferen und höheren Frequenzen.

Die besagten 10 dB können demzufolge also nur ein Durchschnittswert sein, weil z. B. bei 3 kHz schon 3 dB für eine subjektive Verdoppelung der Lautstärke reichen müssten.

Korrigiert mich bitte, wenn ich mich irre.

Viele Grüße
Thomas
Viele Grüße
Thomas

Das ganze Haus voller Nubis :)

https://forestpipes.de
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Rolander
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Beitrag von Rolander »

Stimmt, die Frequenzabhängigkeit kommt noch hinzu. Die besagten 10 dB beziehen sich meines Wissens auf einen 1 kHz Ton. Bei anderen Frequenzen spielt noch die (viel und häufig falsch) zitierte Fletcher-Munson Kurve mit hinein. Dann wird es wirklich kompliziert.

@Kandos: Du hast natürlich recht: wenn man tausend Leute raten lässt, wird man irgendeinen Mittelwert bekommen. Ob der allerdings eine Relevanz hat, steht auf einem anderen Blatt. Denn die Testpersonen haben ja gar kein Entscheidungskriterium, was "doppelt so laut" überhaupt bedeuten soll. Ich nehme an, dass sie nur eine sehr vage Vorstellung davon haben, und dass ihre Angaben eine erhebliche Streubreite besitzen. Keiner wird beispielsweise bei 30 dB sagen, es sei doppelt so laut, wenn die Schmerzgrenze schon erreicht ist. Ebenso wenig wird jemand bei 1 dB Pegelzunahme, die am Rande der Wahrnehmungsgrenze liegt, eine Verdopplung angeben. Damit ergibt sich schon mal eine maximale Bandbreite. Wenn nun - sagen wir mal 70 % der Probanden zwischen 5 und 15 dB liegen und sich ein - wenn auch schwach ausgeprägtes - Häufigkeitsmaximum um 10 dB herum ergibt, dann kommt eine solche Regel zustande. Über den praktischen Nutzwert kann man streiten. Das Problem, das ich sehe, ist eine vorgetäuschte Wissenschaftlichkeit. Wenn man etwa die grafische Darstellung der Beziehung zwischen Lautheit und Lautstärke (Phon) mit ihrem nicht linearen Verlauf bei niedrigen Lautstärken betrachtet, dann suggeriert diese doch einen exakten Zusammenhang.

Ich werde in den nächsten Tagen mal ein Experiment wagen und selbst eine Messung mit 1 kHz, rosa Rauschen und Musik vornehmen und mal schauen, bei welcher Pegelzunahme mir die Lautstärke "doppelt so hoch" erscheint. Wobei ich überhaupt nicht weiß, woran ich das festmachen soll.

Aber zugegeben: es ist wirklich ein Sommerlochthema. Ob man das nun als doppelt so laut oder einfach als deutlich lauter bezeichnet, ist ja eigentlich egal. Dennoch: es wird in der HiFi-Branche sehr gern und zunehmend mit psychakustischen "Fakten" argumentiert, und mir scheint, nur ein kleiner Teil der "Experten" versteht etwas davon. Psychoakustik hat eben etwas mit der Psyche zu tun und nur sehr begrenzt mit physikalischen Gesetzen. Jeder hört anders (und bei manchen hört auch die Geldbörse mit - nach dem Motto: was teuer ist muss auch besser klingen).

Edit: Es hat mir keine Ruhe gelassen und ich habe das Experiment gleich durchgeführt. Hier die Details:

In mein virtuelles Mischpult habe ich auf zwei Kanälen einen Testgenerator eingefügt. Gemessen habe ich nacheinander mit zwei unterschiedlichen Signalen: rosa Rauschen und 1 kHz Sinus. Abgehört habe ich mit Kopfhörer. Dabei habe ich zuerst den einen Kanal auf -10 dB gestellt und den anderen langsam (blind) hochgefahren, wobei ich die beiden Kanäle abwechselnd solo gehört und verglichen habe, bis mir der eine - na ja: "doppelt so laut" erschien, was nichts anderes heißt, als merklich lauter, aber noch nicht zu laut. Dann habe ich umgekehrt einen Kanal auf 0 dB gestellt und den anderen heruntergefahren, bis er mir "halb so laut" erschien. Mit beiden Kriterien, also doppelt so laut und halb so laut, habe ich mich allerdings sehr schwer getan. Zusammengefasst: meine Ergebnisse haben sehr gestreut, sie lagen irgendwo zwischen 6 dB und 13 dB Unterschied, je nach Signal, aber auch, ob ich mich von oben oder unten genähert habe. Irgend etwas Reproduzierbares hat sich nicht ergeben. Zum Schluss habe habe ich noch die beiden Kanäle auf die festen Werte 0 dB und - 10 dB gesetzt, miteinander verglichen und versucht zu beurteilen, ob der Unterschied etwa einer Verdopplung oder Halbierung entspricht. Ich muss sagen, dass ich das nicht konnte. Es hätten genauso gut 60 % oder 40 % Unterschied sein können, vielleicht sogar 70% und 30%. Für mich steht damit fest, dass die genannte Aussage, dass 10 dB Pegelanhebung eine Verdopplung der Lautheit bewirken, keine wirkliche praktische Relevanz für den einzelnen Hörer hat. Aber vielleicht ist ja mein Gehör nicht analytisch genug.
Nubox481fan
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Beitrag von Nubox481fan »

Schwieriges Thema. Mir scheint auch es gibt da Geschlechterunterschiede.

Was bei mir subjektiv doppelt so laut ist würde meine Freundin als mindestens vierfachfach so laut empfinden. :lol:
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